Für mehr Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit

2023 wird weiter vom russischen Krieg gegen die Ukraine geprägt sein. Was bedeutet das für die Region, Deutschland und Europa? Im Interview mit der Mediengruppe Bayern gibt Manfred Weber Antworten und plädiert für mehr Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit.
Für mehr Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit
Für mehr Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit

Ein neues Jahr voller Ungewissheiten: Wo steht speziell Südostbayern?

Natürlich sind der Krieg in der Ukraine, die Inflation und die wirtschaftlichen Gewitterwolken die Hauptthemen. Die Region kann das aus einer Position der Stärke angehen. In den 80er- und 90er-Jahren wurden Zehntausende Industriearbeitsplätze geschaffen, so die Arbeitslosigkeit gestoppt und die Abwanderung beendet. In den letzten zwei Jahrzehnten ist Südostbayern auch zum Forschungs- und Innovationsstandort gewachsen. Allein in Niederbayern wurde die Zahl der Studienplätze von 9.000 auf 23.000 erhöht, es finden Hochqualifizierte heute Heimat und Zukunft in der Region. Bei aller Unsicherheit, das ist eine starke Grundlage. Ich bin und bleibe Optimist.

Wo sind die Hauptprobleme, wo die Lösungen?

Erstens muss die Energieversorgung auf neue Beine gestellt werden, dazu bleibt keine Alternative. Niederbayern hat beispielsweise heute schon beim Strom rechnerisch zu 100 Prozent eine regenerative Energieversorgung. Wir müssen in die Speicherfähigkeit, in den Wärmebereich und in die Umstellung beim Verkehr investieren. Die Region kann zum Modell für eine wasserstoffbasierte, klimaneutrale und wettbewerbsfähige Energieversorgung werden. Das schaffen ländliche Räume viel früher als Metropolregionen, das ist ein Standortvorteil von morgen. Und das Zweite ist für mich der gesellschaftliche Zusammenhalt. Beispielsweise bei Gesundheit, Pflege und der zunehmenden Einsamkeit von Menschen kann der Staat nicht alles leisten, da müssen wir Egoismen überwinden und zusammenhalten. Auch da sind ländliche Räume stärker als die Metropolen.

Bayern startet ins Wahljahr. Welche Themen entscheiden die Landtagswahl?

Unser CSU-Versprechen lautet: Stabilität für Bayern mit einer Gesellschaft des Miteinanders und der Chancen. Die CSU hat bewiesen, dass sie das Land gut durch schwierige Zeiten steuern kann. Die Berliner Ampel zeigt uns täglich, wie es nicht geht. Der Erhalt des Wohlstands ist Grundlage für eine gute Zukunft. Wir müssen das verbinden mit dem Sozialen. Die CSU ist und bleibt eine soziale Partei.

Sind die Freien Wähler als Koalitionspartner gesetzt, die Grünen als solcher schon abgehakt?

Wir wollen die stabile bürgerliche Koalition mit den Freien Wählern unter Führung von Markus Söder fortsetzen. Das heißt nicht, dass wir schon gemeinsam antreten. Wir werden aufzeigen, was uns von den FW unterscheidet und dass möglichst viel CSU Bayern gut tut. Die politische Situation in Berlin ist eine andere. Da gehört aus meiner Sicht Schwarz-Grün die Zukunft.

Was würde eine unionsgeführte Bundesregierung besser machen als die jetzige Ampel? Das durch Versäumnisse in der Ära Merkel angehäufte Erbe stellt sich als problembeladen heraus.

Die 16 Jahre unter der Führung der Union waren für Deutschland und Europa gute Jahre. Bei allem, was man heute auch differenziert sehen kann, man darf schon darauf hinweisen, dass besonders die SPD bis zuletzt für mehr Abhängigkeit von Putin eingetreten ist, siehe Nord Stream 2. Die Grünen hatten eine Stärkung der Bundeswehr rundweg abgelehnt. Mit dem Krieg in der Ukraine leben wir heute in einer neuen Realität. CDU und CSU würden in Regierungsverantwortung konsequent für mehr Sicherheit eintreten und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft absoluten Vorrang einräumen.

Die Ukrainer brauchen Waffen, um sich gegen Russland verteidigen zu können. Hält die Solidarität Europas, muss von Deutschland und der EU nicht noch mehr getan werden?

NATO-Generalsekretär Stoltenberg hat Recht: Putin muss verstehen, dass er diesen Krieg nicht gewinnen kann. Deshalb sind neue und bessere Waffen für die Ukraine aktuell leider die beste Möglichkeit, zügig zurück zum Frieden zu kommen. Die Solidarität in Europa hält und das wird so bleiben, auch wenn Putin auf Spaltung und Verunsicherung setzt. Die Menschen stehen an der Seite der Ukraine.

Verlässt die EU sich nach wie vor zu stark auf die USA?

Es ist ein großes Glück, mit Joe Biden einen Freund im Weißen Haus zu wissen. Aber das muss ja nicht immer so bleiben. Deshalb müssen die EU-Staaten jetzt endlich den Aufbau einer europäischen Verteidigungsunion angehen. Wir brauchen gemeinsame EU-Regeln für den Export von Rüstungsgütern, damit eine gemeinsame Wehrindustrie entsteht, was übrigens auch in Bayern Arbeitsplätze sichern würde. Und wir brauchen gemeinsame Projekte wie den Aufbau eines Raketenschutzschirms für die EU. Bundeskanzler Scholz und Frankreichs Präsident Macron sind gerade dabei, eine historisch entscheidende Weichenstellung zu verpassen.

Was halten Sie gegenwärtig von Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg?

Jeder, der bei Vernunft ist, will Frieden. Aber Putin setzt auf Eskalation statt auf ernsthafte Verhandlungen. Er bereitet sich nach der Teilmobilisierung auf neue Offensiven vor und hofft auf die Hilfe von anderen Regimen. Wenn wir die Ukraine nicht stärken, dann kann 2023 noch schlimmer werden als das vergangene Jahr. Die Bundesregierung muss mit den NATO-Partnern die Lieferung von modernen Panzern koordinieren. Die Vergangenheit zeigt: Wenn Putin in der Ukraine Erfolg hat, wird das nicht das Ende seines Feldzugs sein, sondern der Auftakt für neue Ziele – und die liegen vor allem in Europa.

Papst Benedikt wird am Donnerstag beigesetzt. Was bleibt von seinem Pontifikat?

Benedikt war ein einzigartiger, brillanter Theologe, ein bescheidener Mensch und ein überzeugter Bayer im Papstamt – das wird von ihm auf alle Fälle bleiben. Man wird das Pontifikat erst mit etwas Distanz ganz begreifen. Vernunft und Glaube zu vereinen, die vertiefte Zusammenarbeit mit anderen christlichen Glaubensrichtungen und den anderen Weltreligionen, weil die gemeinsame Herausforderung die zunehmende Gottlosigkeit darstellt, das sind ganz wesentliche Bausteine. Für mich persönlich bleibt der Satz: Gott ist die Liebe. Das trägt.

Zunächst erschienen in der Mediengruppe Bayern am 3. Januar 2023.

 

 

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